„So sind wir halt“
Siegfried Dölker spricht über seine Heimat
Woran denkt der Ortsvorsteher als erstes, wenn er an Dürrenmettstetten denkt? Siegfried Dölker hat es im Gespräch mit Stephan Braun verraten. Er spricht darüber, wo der Flecken Weitblick beweist, geht auf Landwirtschaft, Gewerbe und Ehrenamt ein, sagt, was er in den nächsten Jahren vorhat und worin er die größten Herausforderungen sieht. Und weil man im Flecken per Du ist, wurde auch das Interview so geführt.
Stephan: An was denkst du als erstes, wenn du an Dürrenmettstetten …
Siegfried: … oder Mettstett, wie wir hier sagen,
Stephan: … also wenn du an Mettstett denkst?
Siegfried: Ich denke daran, wie ich von Dettingen nach Mettstett hochfahre: rechts das Gewann Hohe Tannen, links die Alb mit der Burg Hohenzollern und vor mir die ersten Häuser von Mettstett mit seinem Kirchturm. Mettstett ist ein Ort mit weitem Blick. Für mich der schönste Flecken in ganz Süddeutschland.
Stephan: Einen Weitblick hat der Flecken ja auch selbst bewiesen.
Siegfried: Der Lebenshof mit Tagespflege und barrierefreien Wohnungen, der gerade entsteht, ist so ein Beispiel. Wir sehen zwar, dass junge Leute, die woanders eine Ausbildung machen oder zum Studium weggehen, gerne wieder nach Mettstett zurückkommen. Da freuen wir uns drüber. Aber wir kommen daran nicht vorbei, dass die Gesellschaft insgesamt altert. Auch in Mettstett. Darauf müssen wir reagieren. Und wir sind schon ein wenig stolz darauf, dass in unserem Flecken mit knapp 540 Einwohnerinnen und Einwohnern so ein Angebot entsteht. Das ist schon etwas Besonders und ich bin mir sicher, dass auch Leute von außerhalb das Angebot gerne in Anspruch nehmen.
Stephan: Wie sieht es denn mit der ärztlichen Versorgung aus? Die ist bundesweit ein Thema. Und auf dem Land erst recht.
Siegfried: Gut dass du das ansprichst. Ab November wird eine Hausarztpraxis regelmäßig Sprechstunden im Dorfgemeinschaftsraum anbieten. Auch das ist keinesweg selbstverständlich.
Stephan: Man hat den Eindruck, auch die Grundstruktur stimmt.
Siegfried: Wir haben drei Hofläden. Die Landwirtschaft hat sich bei uns hin zu Bio-Betrieben oder gut organisierten Tierwohlbetrieben entwickelt. Wir haben noch einen Schreiner und einen Schmied vor Ort, auch einen Fensterbauer. Mettstett war bekannt für seine guten Handwerker. Die arbeiten jetzt vor allem in Betrieben in der Region, sind dort gern gesehen und meist in führender Funktion.
Stephan: Und der Kindergarten…
Siegfried: … wird renoviert. Ich glaube, das ist auch nicht mehr selbstverständlich, einen Kindergarten in einem Ort unserer Größe zu halten.
Stephan: Meine Frau und ich wohnen jetzt seit eineinhalb Jahren hier und müssen sagen: Wir sind sehr offen und herzlich aufgenommen worden. Wir haben die Mettstetter als ausgesprochen hilfsbereit erlebt und den Eindruck gewonnen, dass hier auch das Ehrenamt lebt.
„Wir, in Mettstett, halten zusammen.“
Siegfried: So sind wir halt. (lacht)
Allein die evangelische Kirchengemeinde Hopfau-Dürrenmettstetten hat mehrere Pfadfindergruppen, den Rainbow-Chor, einen Singekreis, die Band „Free Indeed“, einen Posaunenchor und Seniorenkreise. Wir haben einen Sportverein, einen Männergesangsverein, die Hiddehocker und einen Wanderverein. Die Feuerwehr nicht zu vergessen. Die machen alle ein tolles Angebot, haben häufig ihr Vereinsheim oder ihr Stüble. Aber ich halte es auch für wichtig, dass es Orte gibt, wo man „gruppenübergreifend“ zusammen kommt. Das stärkt den gegenseitigen Austausch und den Zusammenhalt. Und darauf sind wir stolz: Wir, in Mettstett, halten zusammen.
Stephan: Was sind deine Pläne für die kommenden Jahre?
Siegfried: Wir wollen die Bauplatzentwicklung innerorts vorantreiben, den Dorfplatz begrünen, 2028 steht das große Jubiläum 750 Jahre Mettstett an und ich träume noch von der Gründung eines Vereins „Jung hilf Alt“.
Stephan: Und wo liegt aus deiner Sicht die größte Herausforderung?
Siegfried: Ich sehe da zwei große Herausforderungen. Und die sind nicht nur auf Mettstett beschränkt. Es geht um die Herausforderung, nachhaltiger zu werden und um die Herausforderung, unsere Demokratie zu erhalten und zu stärken.
Stephan: Stichwort Nachhaltigkeit. Was tust du da?
Siegfried: Ich möchte, dass wir die Fernwärme weiter ausbauen, will, dass unsere öffentlichen Gebäude ölfrei werden und engagiere mich bei Pro Wind Sulz.
Stephan: Von deinem zweiten Thema „Demokratie erhalten und stärken“ liest man immer wieder und es klingt für manche vielleicht auch etwas übertrieben. Aber ich habe auch das Gefühl, dass da ernsthaft etwas auf dem Spiel steht.
Siegfried: Wenn man Politikern nicht erst mal glaubt, dass sie es ernst und ehrlich meinen und wenn man Medien nicht erst mal glaubt, dass sie sich ernsthaft bemühen, das was passiert ist, so zu berichten wie es sich abgespielt hat, dann wird es schwer. Und wenn man sich dann noch vor allem in der eigene Blase bewegt, dann geht vieles kaputt und es wird schwer mit einem Neuanfang. Das ist so wie in einer Familie. Da gibt’ s auch die unterschiedlichsten Interessen. Das ist normal und völlig in Ordnung. Aber wenn man den anderen unterstellt, dass sie nur das eigene Wohl im Blick haben, es nicht ernst meinen und ständig lügen, dann wird es schwer.
„Ich möchte Vorbild sein.“
Stephan: Was kannst du dagegen tun?
Siegfried: Ich möchte ein Vorbild sein und hab mir vorgenommen, immer zu sagen, was ist, die Fakten auf den Tisch zu legen und mich ernsthaft um unser Dorf und unser Zusammenleben zu kümmern. Und vielleicht immer wieder mal darauf hinzuweisen, was für einen Schatz wir mit unserem Grundgesetz haben. Dass da die Würde des einzelnen Menschen im Mittelpunkt steht, die Presse- und die Meinungsfreiheit, die Versammlungs- und die Religionsfreiheit garantiert werden, und, und, und: Das ist etwas ganz Kostbares. Auch wenn es an der ein oder anderen Stelle in der Wirklichkeit mal etwas hapert. Geschenkt. Es ist der Anspruch, an dem unser Staat sich messen lassen will. Und darum beneiden uns viele. Da dürften wir ruhig etwas stolz darauf sein. Ich lass mich davon begeistern und würde gern den ein oder die andere mit meiner Begeisterung anstecken.
Stephan: Was ist eigentlich Heimat für dich?
Siegfried: Heimat hat für mich mit der Landschaft zu tun, der Weite, den Äckern, den Wiesen und den Wäldern. Heimat ist dort, wo man meine Sprache spricht, wo ich die Leute verstehe und sie mich verstehen, dort wo ich mich wohlfühle und weiß, dass man sich aufeinander verlassen kann. Heimat ist für mich dort, wo man auch mal nichts sagen muss und sich trotzdem versteht. Heimat ist dort, wo ich geboren bin, wo ich lebe und wo ich etwas dazu beitragen will, dass das Zusammenleben gelingt und der Flecken eine gute Zukunft hat. Meine Heimat ist Mettstett.