Bildung statt Verschwörungsmythen
Bildung statt Verschwörungsmythen
Volles Haus bei Michael Blume in Dürrenmettstetten
Am Freitagabend war kein Stuhl mehr frei im Sportheim in Dürrenmettstetten. Zur Veranstaltung „Warum Antisemitismus alle angeht“ mit Dr. Michael Blume, dem Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg, drängten sich so viele Menschen, dass einige stehen mussten. Eingeladen hatten die Bürgerliche Gemeinde Dürrenmettstetten und die Gesamtkirchengemeinde Hopfau-Dürrenmettstetten.
Blume stellte gleich zu Beginn klar: „Der Hass gegen Juden endet nie mit den Juden. Er richtet sich gegen Bildung und Aufklärung schlechthin – und letztlich gegen uns alle.“
Das Judentum, erklärte Blume, sei die erste Religion der Alphabetisierung – mit der Tora als erster Heiligen Schrift in Alphabetschrift. Bildung für alle, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft, gehöre zu diesem Erbe. Obwohl Jüdinnen und Juden nur rund 0,2 Prozent der Weltbevölkerung ausmachten, stellten sie rund 20 Prozent der Nobelpreisträger. Antisemitismus, so Blume, wurzele oft in Bildungsneid und basiere auf Verschwörungsmythen, die Schuldige für eigenes Scheitern präsentierten. Solcher Mythen fänden Anhänger in allen Bildungs- und Gesellschaftsschichten. Besonders an Hochschulen nehme der Antisemitismus derzeit spürbar zu. Blume, der auf Bildung und Aufklärung setzt, hält die Herzensbildung für entscheidend.
Er sprach auch über die Rolle des Internets. Plattformen wie TikTok beschleunigten Radikalisierung, die längst nicht nur Jugendliche erfasse. „Radikalisierung lässt sich am besten stoppen, bevor junge Menschen volljährig sind“, sagte Blume, der regelmäßig Schulen besucht. Er berichtete von einer Schülerin, die im Netz mit den Worten bedroht wurde: „Du gehörst ins Gas.“ Auch Terroristen wie die Hamas oder der Attentäter von Halle nutzen das Internet, um ihre Taten live zu streamen und so neue Anhänger zu gewinnen.
Kritik an Israel sei legitim, betonte Blume, auch er verurteile die Politik Netanjahus scharf. Doch doppelte Standards dürfe es nicht geben; Israel müsse mit denselben Maßstäben gemessen werden wie andere Staaten.
Blume kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Doppelmoral westlicher Politik. Einerseits verurteile man die Juden- und Israelfeindlichkeit autoritärer Regime im Nahen Osten, andererseits kaufe man Öl von ihnen und stütze damit ihre Macht. Sein Appell war klar: „Erneuerbare Energien sind Friedensenergien.“







